Binswanger – Die Wachstumsspirale

Lesedauer: 3 Minuten

 Die Wachstumsspirale

Hans Christoph Binswanger beantwortet die Frage, warum  in der modernen Wirtschaft sowohl ein Wachstumsdrang als auch ein Wachstumszwang existiert.


Dabei vertritt er die These, dass die Unterschreitung einer minimalen Wachstumsrate zwangläufig in einer Krise enden muss. Diese global nötige Wachstumsrate beträgt 1,8%.
Qualitatives Wachstum – Wachstum ohne steigenden Ressourcenverbrauch – wird sich nicht von selbst einstellen. Deshalb sollte nachhaltiges Wachstum angestrebt werden.
Dieses zeichnet sich durch eine  Stabilität aus, welche Finanz und Wirtschaftskrisen ausschließt. Weiterhin sollte es gerade so stark sein, dass Maßnahmen zur Erhöhung der Ressourceneffizienz pro Produktionseinheit und die Maßnahmen zum Umweltschutz nicht durch Steigerung der Produktions- und Emissionsmenge überholt werden.

Somit ließe sich die Reduktion des Wachstumszwangs und Wachstumsdrangs erreichen.

Die Geldschöpfung ist das zentrale Element wodurch stetes Wachstum möglich wird. Als Grund für die stete Erhöhung der Geldmenge gilt die Loslösung von der Goldbindung. Somit ermöglicht die Art der Geldschöpfung reales Wachstum (BIP) ebenso wie steigende Gewinne. Dieses Prinzip lässt sich in drei drei Schritten verdeutlichen:

1. Das Prinzip der Geldschöpfung: Schulden verwandeln sich in Geld

Banken erschaffen Geld durch Kredite. Dieses Bank- bzw. Buchgeld vermehrt sich ständig durch gegenseitige Verschuldung von Banken und Kreditnehmern. Jedoch ist diese Beziehung asymmetrisch durch den zu entrichteten Zins für den Kreditnehmer.
Banken verschulden sich im Ausmaß der in Umlauf gebrachten Banknoten bei der Zentralbank. Jedoch besteht auch hier eine asymmetrische Verschuldung, da Zentralbanken ihre Schulden nie begleichen müssen.
Somit kommt es zu einer potentiell unendlichen Vermehrung von Geld.

2. Die Metamorphose des Geldes:

Das Wachstum der Geldmenge verwandelt sich in reales Wachstum, da Unternehmen dieses Geld zur Produktion von Gütern einsetzen. Somit kommt es zu einer realen Wertschöpfung und damit zu einem realen Zuwachs des BIPs.

3. Das Perpetuum mobile.

Die Geldschöpfung führt über die Wertschöpfung zur Zunahme der Gewinne – und die Zunahme der Gewinne ermöglicht weitere Geld- und Wertschöpfung. Die oben beschriebenen Zinsen müssen finanziert werden, dies geschieht durch Gewinne.

Investition in Unternehmen erfolgen nur mit der Aussicht auf Gewinne. Somit müssen Gewinne – im Durchschnitt – in der Wirtschaft überwiegen. Bei einem reinen Kreislauf wäre dies nicht möglich, daher ist ein ständiger Zufluss von Nöten.

 

Wachstumszwang und Wachstumsdrang

Durch die zeitliche Verzögerung zwischen Investition und Produktion tritt der Einkommenseffekt vor dem Produktionseffekt auf. Die Einnahmen müssen also steigen um Ausgaben vorzufinanzieren. Existiert also Wachstum in der Wirtschaft besteht im Saldo der Gewinne und Verluste stets ein Gewinn. Darin besteht der systematische Wachstumszwang.
Eine Alternative zum minimalen Wachstumsrate ist Schrumpfung. Jedoch sind Stabilität und Nullwachstum bei heutigen Bedingungen unmöglich.

Der Wachstumsdrang entsteht durch die Erwartung der Gewinnmaximierung z.B. durch Kapitalgeber. Geldvermehrung durch Spekulationen ist somit eine Möglichkeit für gratis Vermögensgewinn. Dem kann durch Zinserhöhung bei zu starker Inflation entgegengewirkt werden.
Dem Wachstumszwang und dem Wachstumsdrang kann nur bei ausreichenden Ressourcen zur Produktion gefolgt werden. Grundlage dafür ist folglich eine Verschuldung gegenüber der Natur, welche man nicht begleichen muss. Dieser Mechanismus ermöglicht die größten Gewinne.
Jedoch besteht ein Konflikt zwischen begrenzter Natur und Wachstumszwang bzw. –drang.
Binswanger prognostiziert, dass Ressourcenpriese steigen werden, ebenso wie die  Kosten für Umweltschutz. Folglich wird dem Wachstum die Grundlage geraubt.

Was ist zu tun?

Der Wachstumszwang kann innerhalb des bestehenden Systems nicht vollständig eliminiert werden. Wachstumszwang und vor allem Wachstumsdrang können aber reduziert werden.
Hierfür stellt Binswanger zwei Ansätze vor. Eine Reform des Geldsystems und eine Reform des Unternehmensrechts.

Die Geldschöpfung darf nur noch durch Zentralbanken geschehen und das Buchgeld der Banken muss zu 100% gedeckt sein. Somit würde die Bildung von Blasen und die Entstehung von Krisen verhindert. Außerdem könnte ein ökologisch vertretbarer Umfang des Wachstums garantiert werden.

Für das Unternehmensrecht sieht Binswanger vor, die Geltungsdauer von Aktien auf 20-30 Jahre zu Begrenzen. Bei Ablauf der Frist wird das ursprünglich investierte Kapital erstattet. Dies reduziert die Steigerung der Aktienwerte und das Risiko neuer Blasen. Weiterhin sollten Stiftungen und Genossenschaften gestärkt werden so, dass der Stiftungszweck nicht dem erwirtschaften von Geld entspricht. Außerdem sollte mit Stiftungen kein Aktienhandel betrieben werden können. Jedoch müsse das Konzept der Stiftungszwecke etwas flexibilisiert werden. Genossenschaften sind Solidargemeinschaften, somit bleibt der Gewinn innerhalb der Unternehmung. Genossenschaftler sind gleichberechtigt, somit sind Spekulationen unmöglich. Allerdings müsste eine Möglichkeit zur Gewinnbeteiligung eingeführt werden um eine Alternative zur Aktiengesellschaft zu bieten.

 

Der Text von Binswanger (Wikipedia-Link) ist als Diskussionspapier erschienen und steht hier zum Download bereit.

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