Identität und Empathie

Lesedauer: 4 Minuten

Identität und Empathie

Über den Zusammenhang von Narrativität und Moralität

Norbert Meuter widmet sich in seinem Aufsatz über Identität und Empathie dem Zusammenhang von Narrativität und Moral. Moral kann sich seiner Auffassung nach erst durch Geschichten bilden. Prozesse der Identitäts- und Empathiebildung sind die Grundlage des Erlebens und Handelns, so seine These. Geschichten ermöglichen, erzeugen, stabilisieren und dynamisieren sowohl Identitäten, als auch Empathie.

1. Narrativität

Meuter Definiert eine Geschichte als, „ein sich selbstorganisierender Strukturzusammenhang von Sinn und Zeit“. Im Folgenden werden die Elemente dieser Definition getrennt betrachtet und erläutert.

Sinn

Sinnhaft wird etwas erst dadurch, dass prinzipiell auch etwas anderes möglich wäre. Eine sinnhafte Welt besitzt keine Grenzen im Unterschied zur Umwelt. Zwar bestehen Beschränkungen durch die Realität, diesen lassen sich jedoch verstehen. Geschichten generieren Sinn, weil eigene und neue Perspektiven beschrieben werden.

Zeit

Der Mensch verfügt über ein sinnhaftes Zeitverständnis. Das bedeutet die klare Abgrenzbarkeit von Ereignissen im Zeitverlauf. Der Sinn dieser Ereignisse ist allerdings reversibel. Das bedeutet, dass eine Umdeutung und Neudeutung vergangener Ereignisse geschehen kann. Diese Umdeutung passiert bei der Interpretation von Geschichten.

Unwahrscheinlichkeit

Obwohl sich die Perspektive auf Ereignisse ändern kann bleibt die Richtung der sinnhaften Prozesse bestehen. Die Aneinanderreihung von unwahrscheinlichen Ereignissen wird durch die Narration zusammengehalten und ergibt so Sinn. Dies geschieht Trotz, oder gerade wegen ihrer Unwahrscheinlichkeit.

Stabilität

In einer kontingenten Welt ist Stabilität eine Notwendigkeit. Geschichten vermitteln Muster, die es erlauben Regelmäßigkeiten zu erkennen und so Stabilität zu erschaffen. Gleichzeitig wird aber auch deutlich, dass diese Strukturen im Grunde kontingent sind.

Identität

Lebenszusammenhänge werden narrativ vermittelt. Diese sind stets dynamisch und in Entwicklung. Genau solche Veränderungen in Geschichten sind geprägt durch den eigenen Stil in Personen und in Geschichten. Dies ist Ausdruck der Individualität.

Symbolisierung

Der Zugang zur Wirklichkeit ist immer über Symbole vermittelt. Dadurch wird das Verhältnis zwischen Dichtung und Wahrheit geprägt. Es gibt keine eindeutigen Kriterien zur Unterscheidung von wahr und falsch. Umso wichtiger ist es zu erkennen, dass Geschichten eine emotionale Bedeutung haben und auch dadurch zugänglich werden.

Selbstorganisation

Der Sinn einer Erzählung wird nicht durch das Subjekt generiert, sondern die Erzählung generiert das Subjekt. Dies ergibt sich daraus, dass Geschichten nicht handlungsintentional sind. Geschichten erlauben keine Realisation eines Plans sondern sind selbstorganisiert. Das bedeutet eine gewisse Eigendynamik, die sich der Kontrolle entzieht.

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