Möglichkeiten und Grenzen
Die Beeinflussung der Politik zugunsten von Nachhaltigkeit ist ein entscheidender Punkt auf dem Weg zu einer Postwachstumsökonomie. Aber wie kann dieses Lobbying für Nachhaltigkeit vonstatten gehen und welche Probleme sind damit verbunden?
Lobbying zugunsten von Nachhaltigkeit: Möglichkeiten und Grenzen
Umweltschutz und Nachhaltigkeit berühren die Lebensqualität eines jeden Menschen. Gerade diese allgemeine Interessenlage ist jedoch ein Problem bei der Durchsetzung. Außerdem profitieren künftige Generationen zwar, können aber an den Kosten nicht beteiligt werden. Diese beiden Faktoren sind entscheidend dafür, dass im Verhältnis zum Nutzen ein hoher Organisationsaufwand besteht. Dieser beginnt bereits damit, dass eine Infrastruktur für diese Art von Lobbyismus erst aufgebaut werden muss.
Der Gewinn solcher Maßnahmen für das einzelne Mitglied der Gesellschaft ist zwangsläufig kleiner als der Aufwand und generell sehr gering. Trittbrettfahrer erlangen folglich den selben Nutzen wie Personen, die sich aktiv einsetzen. Dadurch besteht für das Individuum kein Grund zu investieren.
Einzig selektive Anreize – keine kollektiven – geben einen Anreiz den nötigen Aufwand zu betreiben. Diese können im Fall von Verbänden für Nachhaltigkeit darin bestehen Informationen mit hohem Konsumnutzen zu erlangen, oder den raschen Einstieg in politische Gremien zu ermöglichen.
Durch eine gesellschaftliche Entwicklung in den letzten Jahren konnte jedoch ein weiterer selektiver Anreiz entstehen. Der zunehmende Wertewandel und das Aufkommen der Umweltbewegung hat es ermöglicht, dass Wahlentscheidungen eine Möglichkeit geworden sind eigene normative Vorstellungen umzusetzen.
So kann der aufkommende Postmaterialismus zwar einen Anreiz zur ethisch motivierten Wahl liefern, jedoch bleibt dieser bisher zweitrangig. Die Wahlentscheidung wird meist deutlich stärker vom Interesse nach einem Arbeitsplatz geprägt, abgesehen von Situationen mit starker Umweltindustrie. Doch gerade in dieser Bedingung kann auch eine Chance gesehen werden.
Organisations- und Durchsetzungsfähigkeit von Verursacherinteressen
Wenn es um die Organisierbarkeit geht kann eine wichtige Unterscheidung getroffen werden: Es gilt zwischen Nachhaltigkeit und Umweltinteressen zu unterscheiden. Zwar besitzen die beiden Orientierungen eine große Schnittmenge, richten sich jedoch an unterschiedliche Interessensgruppen.
Nachhaltigkeit ist in der Regel besser organisierbar. Dies ist zum einen durch den Grßenvorteil zu erklären, da weit mehr Personen damit angesprochen werden können. Außerdem sind die Kosten für die Infrastruktur geringer. Nachhaltigkeit kann als Facette und Ergänzung in das bestehende System eingebracht werden, wohingegen Umweltinteressen oft eine entgegengesetzte Tendenz aufweisen.
Informationen und Strategien zur Nachhaltigkeit bieten mehr als Konsumnutzen (z.B. monetären) und sind durchsetzungsfähiger. Eine bessere finanzielle Ausstattung und wichtige Informationen der Produzentenverbände tragen dazu bei. Der Einfluss auf die Öffentlichkeit durch Publikationen und Medien wirkt förderlich, genauso wie Marktmacht und personelle Vertretung in legislativen Instanzen.
Diese enge Verzahnung und die Einbindung in ein bereits bestehendes System bringt jedoch auch Probleme mit sich. So sind Arrangements zwischen dem politisch- administrativem System und der privaten Wirtschaft anfällig für Einflüsse. Diese können genutzt werden um umweltpolitische Maßnahmen aufzuweichen.
Arrangements zwischen Politik und privaten Produzenteninteressen führen meist zum ausbauen industrieller Handlungsspielräume und politischer Abhängigkeit. Dies führt zu Teilwiese ineffizienten umweltökologischen Lösungen.
Ineffizienter Instrumenteinsatz im Interesse von Verursachern
Instrumente zum Umweltschutz und für nachhaltiges Wirtschaften entfalten häufig nicht die versprochene Wirkung. Dies liegt unter anderem daran, dass Auflagen eine gewisse kostenfreie Emission erlauben und zusätzlich oft gewisse Spielräume offen lassen. Außerdem ist die Kontrolle gegen Verstöße häufig unzureichend. Anstatt den Wettbewerb zu verschärfen und ökologischeren Alternativen einen Vorteil zu bieten dienen die Auflagen als Markteintrittsbarriere und entfalten so den gegenteiligen Effekt.
Aus diesen Gründen sind Auflagen von Unternehmen eher gewünscht als Abgaben, denn Auflagen sind verhandelbar. Bei Umweltsteuern beispielsweise würden für jede Einheit an Emission Kosten anfallen. Dies führt zu einer Skepsis bei den Unternehmen.
Das selbe gilt für ein System mit Zertifikaten, welche denselben Effekt haben. So kommt besonderer Widerstand aus der Riege der Altemittenten da diese eine Besitzstandeinbuße hinnehmen müssten. Eine Gratisvergabe oder Privilegierung von Altemittenten bei den Zertifikaten schränkt jedoch deren Wirksamkeit stark ein.
In diesem Spannungsfeld zwischen Wertewandel und Interessen der Unternehmen müssen sich Lösungsansätze bewegen um den Mechanismen des politischen Feldes gerecht werden zu können.
Der Inhalt bezieht sich auf das Kapitel Umsetzungsprobleme und Lösungsansätze in dem von Jürgen Volkert und Rudi Kurz verfassten Buch Konzeption und Durchsetzungschancen einer ordnungskonformen Politik der Nachhaltigkeit*.
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